Das Living One-Sheet – Next-Level-Filmmarketing
Mit dem Begriff Living One-Sheet (manchmal auch Living Onesheet, oder Living One Sheet) sind wohl die Wenigsten bisher in Berührung gekommen. Und dennoch haben wir alle irgendwann schon mal eins gesehen. Ganz sicher sogar! Denn im Filmmarketing sind Living One-Sheets seit einigen Jahren Gang und Gäbe. Und das Ziel jeder Filmmarketing-Kampagne ist ja schließlich, dass wir, als Filmnerds / Filmliebhaber und potenzielle Konsumenten eines Films, erreicht werden. Aber was sind denn nun Living One-Sheets genau? Wo kommen sie zum Einsatz? Wie werden sie konzipiert? Im folgenden Artikel erklären wir dir genau das und zeigen dir anhand von Beispielen, wie solche Living One-Sheets final aussehen können.
Inhaltsangabe:
- Begriffserklärung – Living One-Sheet, Motion Movie Poster, Moster
- The Rise of Skywalker – Das Living One-Sheet als Teaser
- Star Trek: Beyond – Das Living One-Sheet im Loop
- Independence Day – Das Living One-Sheet als Mini-Trailer
- Die Kombination unterschiedlicher Living One-Sheet Stile
- Zusammenfassung und Fazit
Living One-Sheet, Motion Movie Poster, Moster – Verschiedene Begriffe, eine Bedeutung
Sucht man im Internet nach Living One-Sheet landet man nach ein paar Klicks auf Seiten, die stattdessen die Begriffe Motion Movie Poster und Moster verwenden. Gemeint ist aber immer das Gleiche: Ein durch Bewegung zum Leben erwecktes Filmplakat. Natürlich handelt es sich dabei nicht wirklich um ein einziges Bild, wie der Name suggeriert, sondern um einen aus mehreren Bildern zusammengestellten Videoclip, der normalerweise etwa 15 Sekunden lang ist. Solche Living One-Sheets fallen also in den Bereich Motion Design und sind, zusätzlich zum sonstigen Material der Werbekampagne (Filmplakat, Teaser, Trailer, Interviews, etc.), dazu gedacht ein weiteres visuelles Medium zu haben, das dem Film Aufmerksamkeit verschafft und vor allem diejenigen erreicht, die grundsätzlich gewillt sind ins Kino zu gehen. Denn Living One-Sheets kommen aktuell überwiegend genau da zum Einsatz: Im Kino. Da hängen doch im Eingangsbereich immer Bildschirme, auf denen Werbung für die kommenden Kinofilme läuft. Ist dir jemals aufgefallen, dass dort eigentlich nie ganze Trailer, sondern immer nur kurze Ausschnitte oder ein animiertes Plakat zu sehen sind? Achte mal drauf! Das sind (meistens) Living One-Sheets. Aber natürlich gibt es auch hiervon verschiedene Arten und in der Gestaltung verschiedene Herangehensweisen, die von ganz unterschiedlichen Faktoren, die es zu berücksichtigen gilt, abhängig sind. Zum Beispiel diese hier:
- Genre des Films
- Zur Verfügung stehendes Bildmaterial
- Zielgruppe
- Ziel bzw. Zweck des Living One-Sheets
Schließlich soll das Living One-Sheet am Ende ja im Einklang mit dem Film und dem sonstigen Werbematerial stehen, damit ein Maximum an Aufmerksamkeit generiert wird, ein einheitliches Bild entsteht und wir ins Kino gehen. Die folgenden Beispiele helfen dir zu verstehen, wie unterschiedlich Living One-Sheets aussehen können und auf welche Weisen sie zum Einsatz kommen:
Star Wars Episode IX The Rise Of Skywalker – Das Living One-Sheet als Teaser
- Herangehensweise
Für The Rise Of Skywalker wurde ein Living One-Sheet entwickelt, das lediglich klarmacht, dass die sogenannte „Skywalker Saga“ mit Episode 9 nun tatsächlich ein Ende hat und dass der Film im Dezember 2019 in den Kinos anläuft. Na gut, der Titel des Films wird auch noch verraten, aber das war’s dann auch wirklich schon. Keine Charaktere, keine sonstigen Storyelemente, nichts Derartiges. Wir sehen nur die bekannte Star Wars Schrift, die uns „Das Ende einer Saga“ prophezeit, anschließend das Logo und den Titel „Der Aufstieg Skywalkers“ und dann „Dezember im Kino“. Da sind sie dann auch schon wieder um, die 15 Sekunden.
- Zweck
Ein so gestaltetes Living One-Sheet will natürlich Rätsel aufgeben. Wie endet die Saga? Warum heißt der Film „The Rise Of Skywalker“? Alles Fragen, die einem sofort in den Sinn kommen. Die Diskussionen und Spekulationen der Fans werden entfacht und das Internet platzt förmlich vor lauter Fan-Theorien, Hype und Hate. Aber egal in welcher Form über den Film gesprochen wird, die Aufmerksamkeit ist ihm sicher. Abseits davon eignet sich diese Art der Gestaltung aber vor allem für den Fall, dass eine Werbefläche von mehreren Parteien gemietet wird. Danach könnte Werbung für einen völlig anderen Film oder sogar für ein gänzlich anderes Produkt laufen. Das Living One-Sheet muss in diesem Fall nicht direkt im Anschluss wiederholt werden, es muss keine, im Film enthaltenen Szenen oder Bilder zeigen und es muss auch sonst kein Artwork enthalten. Es soll nur die allernötigsten Informationen transportieren, die Leute anteasen und dadurch Reaktionen im Internet hervorrufen. Das funktioniert natürlich am besten bei Filmen, die lang und sehnlichst von einer großen Anzahl an Menschen erwartet werden.
Star Trek: Beyond – Das Living One-Sheet im Loop
- Herangehensweise
Ausgehend vom Teaserplakat zum Film Star Trek: Beyond hat die Filmproduktionsgesellschaft Paramount Pictures ein Living One-Sheet anfertigen lassen, das als sogenannter „Loop“ konzipiert wurde. Dem statischen Teaserplakat wurde durch Animationen Leben eingehaucht. Die Leuchteffekte hinter, neben und über dem Schriftzug nehmen zu, die Enterprise (Raumschiff Enterprise), zunächst noch nach links geneigt, richtet sich langsam auf und die Köpfe der Charaktere Kirk, Spock und Jaylah erscheinen nach und nach im Bild. Auch im Hintergrund liegen kleinere Animationseffekte auf den zu sehenden Sternen. Anschließend neigt sich die Enterprise wieder nach links, die Köpfe verschwinden in der gleichen Reihenfolge, in der sie erschienen sind und die Leuchteffekte nehmen ab. Schneidet man das Video nun beliebig oft nahtlos aneinander, entsteht ein Loopeffekt, den du dir hier ansehen kannst.
- Zweck
Diese Herangehensweise an die Gestaltung eines Living One-Sheets eignet sich vor allem dann, wenn es länger als 15 Sekunden gezeigt werden und noch kein Material aus dem Film zu sehen sein soll. Beispielsweise wenn frühzeitig Teaserwerbung für den Film geplant ist und eine Werbefläche für nur diesen einen Film gemietet wurde. Durch die Animationen wird die Aufmerksamkeit viel stärker auf das Living One-Sheet gelenkt, als auf ein statisches Filmplakat. Trotzdem enthält es noch keine, im Film vorkommenden, Bewegtbilder, die ein Teaser oder ein Trailer enthalten würde. Auch bei Präsentationen oder Live-Shows ist diese Art des Living One-Sheets äußerst vorteilhaft und findet daher regelmäßig Anwendung.
Independence Day: Resurgence – Das Living One-Sheet als Mini-Trailer
- Herangehensweise
Das hier verwendete Artwork des zweiten Indepence Day Films von Roland Emmerich, ist hier nur etwa drei Sekunden zu sehen. Und von so richtig viel Bewegung, kann man auch nicht wirklich sprechen. Manche Artworks eignen sich schlichtweg nicht dazu Bewegung und Animationen einzubauen. Das liegt, so wie in diesem Beispiel, am verwendeten Motiv. Was soll sich denn auch großartig bewegen, wenn wir von einer Schrift auf schwarzem Hintergrund sprechen? Es gibt einfach kein Material, dass man so animieren könnte, dass es Bewegung enthält und trotzdem noch natürlich wirkt. Dennoch hat man sich dazu entschieden, die Schrift innerhalb dieser drei Sekunden langsam in den Vordergrund wandern zu lassen. Hier kann man deutlich sehen, wie wichtig selbst kleinste Animationen sein können, um unsere Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, weil das menschliche Auge auf Bewegung eher reagiert, als auf statische Plakate. Um nun aber die 15 Sekunden aufzufüllen, die ein Living One-Sheet normalerweise lang ist, wurden Filmszenen und drei Texttafeln verwendet. Der Text transportiert zusätzlich zu den Filmszenen, in denen brachiale Alien- Raumschiffe zu sehen sind, eine Unterlegenheit der Menschen im Kampf gegen die Aliens. Dann ist ja alles klar: Aliens, Raumschiffe, die Menschheit ist am Arsch…oder!? Viel Spaß!
- Zweck
Eine derartige Herangehensweise eignet sich vor allem dann, wenn das Artwork keinen oder nur sehr geringen Spielraum für Animationen weglässt. Vorteilhaft wäre auch, dass ein erster Trailer bereits erschienen ist, damit Szenen aus diesem hier wiederverwendet werden können. Außerdem können hier schon einzelne Setpieces, Darsteller und Effekte gezeigt werden. Die Szenen und Bilder, die hier gezeigt werden, müssen sehr überlegt ausgewählt werden und sich an der Kernzielgruppe orientieren, da nur wenige Sekunden zur Verfügung stehen und ein bleibender Eindruck entstehen soll. Der Fokus liegt also ganz klar auf den wesentlichen Elementen und Markenzeichen des Films.
Anhand dieser Beispiele können wir sehen, dass es sehr unterschiedliche Arten von Living One-Sheets gibt. Du siehst also, dass die Wahl des Konzepts immer davon abhängig ist, was mit dem animierten Filmplakat erreicht werden soll. Und vielleicht hast du ja jetzt gerade schon weitere Beispiele im Kopf, bei denen ein ganz anderes Konzept umgesetzt und ein ganz anderes Ziel angestrebt wurde.
Die Mischung macht’s – Die Kombination unterschiedlicher Stile
In manchen Fällen bietet es sich an, die oben aufgeführten Variationen miteinander zu kombinieren. Wir von The White Rabbit haben das selbst auch schon getan. Für den Film Rampage: Big meets Bigger aus dem Jahr 2018 mit Dwayne „The Rock“ Johnson haben wir einen Mini-Trailer mit einem Loop kombiniert. Das Projekt entstand im Rahmen einer Trade-Show unseres Partners Warner Bros. Auf diese Weise konnte das Markenzeichen des Films (riesige Mutanten-Tiere und jede Menge Zerstörung) innerhalb weniger Szenen klargemacht werden, um einen starken Einstieg in die Präsentation zu haben. Anschließend diente der Loop als Hintergrund, während der Redner ein paar Worte über den Film verlor. Wenn du dir angucken möchtest, wie das am Ende aussah, findest du hier dieses und weitere Projekte von uns. Aber auch andere Kombinationen sind natürlich durchaus denkbar. Warum nicht mal die Teaser-Variante loopen? Würde doch Sinn machen, wenn man die Werbefläche für nur diesen Film gebucht hat und wirklich jeden Kinogänger erreichen will, ohne bereits Filmmaterial zu zeigen.
Zusammenfassung und Fazit – Das Living One-Sheet: Digitale Revolution des Filmposters?
Klar, statische Filmplakate haben die letzten ca. 120 Jahre funktioniert und die Leute ins Kino gelockt. Darum könnte man natürlich auch der Ansicht sein, dass Living One-Sheets unnötig und eine technische Spielerei sind. Ein Kinoposter kann man schließlich nach wie vor präsent aushängen und das wird ja ohnehin produziert, sofern der Film einen Kinostart hat. Allerdings wäre das ein bisschen zu einfach gedacht, denn auch unsere Gesellschaft und deren Wahrnehmungsgewohnheit hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Alles wird zunehmend digitaler, unsere Devices immer intelligenter. Es heißt ja auch nicht umsonst „Smartphone“. Unsere Wahrnehmung ist im Zuge dieser Entwicklung mehr denn je auf Veränderung, Bewegung und digitale Anzeigen konditioniert und darum werden digitale Werbeflächen, natürlich auch weiterhin an Relevanz gewinnen und in der Anzahl steigen. Darum kann man davon ausgehen, dass Living One-Sheets, Motion Movie Poster, Moster, in den kommenden Jahren ebenfalls immer mehr an Relevanz gewinnen und das klassische Filmplakat in seiner statischen Form vielleicht sogar eines Tages gänzlich ablösen. Im Filmmarketing sind sie jedenfalls schon jetzt nicht mehr wegzudenken.
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