Key Visual – Mehr als nur Filmmarketing

Suchst du im Internet nach Key Visual oder auch Keyvisual (oft auch Key Art genannt), findest du etliche Artikel und Lexikoneinträge, die im Grunde immer das Gleiche aussagen. Zusammengefasst steht dann da meist ein in Marketing-Sprache verfasster Text darüber, wie wichtig es ist seine Marke zu pushen, ein uniques Symbol- oder Schlüsselbild zu schaffen und dadurch mit der Targetgroup zu connecten. Ja, alles richtig und extrem wichtig, aber eben leider auch oftmals öde zu lesen und teils unverständlich, wenn man mit der Materie und den Begriffen nicht vertraut ist. Im folgenden Text erfährst du nicht nur was genau ein Key Visual eigentlich ist, sondern vor allem, wo wir diese in Filmen, Filmplakaten und Trailern wiederfinden, wie sie kreiert werden und was sie beim Zuschauer auslösen. Und all das ganz ohne kompliziert-nerviges Marketing-Vokabular. Versprochen!

Das Key Visual im Film

Hast du dich schon mal gefragt, warum die Titelsequenz der James Bond Filme immer gleich gestaltet ist, oder warum am Anfang eines Star Wars Films immer gelber Text durch eine weit, weit entfernte Galaxis fliegt? Richtig! Es ist wirklich so einfach! Weil das schon immer so war. Weil es wiedererkannt wird, dir sofort ein bestimmtes Gefühl vermittelt und Assoziationen in dir auslöst. Aber warum tut es das?

Ausgelöst werden diese Assoziationen und Gefühle durch die Art der Gestaltung. Ein gut gestaltetes Bild erzählt auch immer eine Geschichte. Nicht umsonst gibt es ja das Sprichwort „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“. Und in der Tat können wir anhand der Gestaltung dieser beiden Beispiele schon eine ganze Menge über den Film erfahren, bevor er richtig angefangen hat. Wie sowas funktioniert, gucken wir uns jetzt gemeinsam anhand der beiden Beispiele genauer an:

  1. Star Wars – Der Title Crawl als Key Visual

Dass uns der sogenannte „Title Crawl“ von Star Wars rein textlich schon eine Geschichte verrät und uns in die Welt der Skywalkers entführt, ist natürlich kein Geheimnis und trägt sicherlich dazu bei, dass wir gewissermaßen erahnen können, was uns in den kommenden Stunden erwartet. Er erzählt die Vorgeschichte zur jeweiligen Episode und regt dadurch unsere Fantasie an, weil wir uns fragen, wie diese Geschichte wohl weitergeht.

Key Visual: Star Wars Title Crawl
© Disney

Aber auch in der grafischen Gestaltung selbst steckt sehr viel mehr, als sich uns direkt offenbart. Der Text ist trapezförmig angeordnet und „kriecht“ (darum auch der Name „Title Crawl“) langsam, aber sicher in den schwarzen Hintergrund des Bildes hinein, wodurch er uns auch auf visueller Ebene in eine weit, weit entfernte Galaxis entführt. Eigentlich ganz einfach, oder!? Und wann immer wir nun trapezförmigen, gelben Text auf schwarzem Hintergrund sehen, denken wir direkt an Star Wars und die Gefühle, die der Film in uns auslöst.

  1. James Bond – Charakterisierung mit Hilfe eines Key Visuals

Und was können wir über James Bond erfahren, wenn wir uns nur auf die Art der Gestaltung der Titelsequenz konzentrieren? Eine ganze Menge! Wir beobachten ihn durch einen Pistolenlauf. Er geht ein paar Schritte, dreht sich zu uns, schießt und anschließend färbt sich das Bild von oben nach unten rot. Nun sollte eigentlich jeder sehen, dass dieses Bild rein inhaltlich keinen Sinn ergibt. Niemand guckt durch den Lauf einer Waffe und der Lauf füllt sich auch nicht mit Blut, sobald der Träger der Waffe erschossen wird.

Key Visual: James Bond Title Sequences
© MGM

Auf der Gestaltungsebene wird hier allerdings etwas geschaffen, das viel bedeutsamer ist, als eine reine Abbildung der Realität. Das Bild erschafft gewissermaßen Nicht-Realität. Es beschreibt und kreiert den Charakter James Bond. Durch den aufrechten Gang und den Anzug denken wir direkt an einen Gentlemen. Dank der gewählten Perspektive (durch den Lauf einer Pistole) assoziieren wir sein Leben mit Gefahr. Wenn er dann plötzlich stehenbleibt, sich dreht und schlussendlich abdrückt, um seinen gefährlichen Beobachter (uns) zu erschießen, wissen wir, dass er sämtliche Probleme und Bedrohungen schon irgendwie aus dem Weg räumen und am Ende den Tag und die Welt retten wird. Auch hier wurde durch die grafische Gestaltung ein eindrucksvolles Key Visual geschaffen, das untrennbar mit den Bond-Filmen verbunden ist.

Notwendige Eigenschaften eines erfolgreichen Key Visuals

Anhand dieser beiden Beispiele lässt sich ziemlich gut sehen und ableiten, was ein eindeutiges Key Visual leisten können muss. Ganz simpel heruntergebrochen muss ein erfolgreiches Schlüsselbild nämlich eine Geschichte erzählen und dabei zusätzlich folgende Eigenschaften in der visuellen Gestaltung in sich vereinen:

  • Einzigartigkeit
  • Einprägsamkeit
  • Wiedererkennbarkeit
  • Wirksamkeit

Also eben ganz so, wie das in unseren beiden Beispielen der Fall ist.

Natürlich muss hierzu die Geschichte, die durch das Bild transportiert werden soll, auch zu der Geschichte des Films passen, aber das hast du dir ja vermutlich ohnehin schon gedacht, oder!? Wie sollte es sonst auch möglich sein die oben genannten Eigenschaften unterzubringen und das Bild untrennbar mit dem Film zu verbinden? Und genau darin liegt die Herausforderung in der Gestaltung: Das Schaffen einer Einheit zwischen Bild und den inhaltlichen Kernelementen des Films. Aus dieser Herausforderung hat sich seit den Anfangszeiten des Kinos, also seit mittlerweile über 120 Jahren, sogar eine ganz eigene Kunstform entwickelt: Die Gestaltung von Filmplakaten.

Das Filmplakat als Key Visual – Eine Herausforderung

Wir haben mittlerweile gelernt was Key Visuals sind, was ihr Zweck ist, haben uns zwei Beispiele angeguckt und dabei gesehen wie ein Schlüsselbild innerhalb eines Films aussehen und funktionieren kann. Aber funktioniert das auch außerhalb des Films? Außerhalb von bewegten Bildern? Ja, das funktioniert und ist sogar ein ganz wesentlicher Teil unserer Arbeit hier bei the white Rabbit. Wenn wir den Auftrag bekommen ein Filmplakat zu entwerfen, stellen wir uns immer zunächst die Frage, wie wir innerhalb eines Bildes die wesentlichen Handlungs- und Charaktermerkmale darstellen und dadurch eine Geschichte erzählen können. Und das ist tatsächlich jedes Mal eine spannende und herausfordernde Aufgabe. Hier ist Kreativität, Professionalität und Leidenschaft gefragt. Überleg dir mal, was da alles berücksichtigt werden muss. Dazu gehört zum Beispiel folgendes:

  • Das Genre des Films
  • Die Wesenszüge der einzelnen Figuren
  • Die Darstellung von wesentlichen Handlungselementen und Konflikten
  • Das Erzeugen von Neugier beim potenziellen Zuschauer
  • Das Reduzieren und Herunterbrechen von etlichen Informationen auf ein wesentliches Minimum
  • Die Kreation eines visuell ansprechenden Bildes

Und du glaubst gar nicht wie viele verschiedene Parteien da noch mitreden und Einfluss ausüben. Außerdem hat der Ersteller des Plakats den Film selbst ja noch gar nicht gesehen. Schließlich muss das Plakat schon viel früher fertig sein, damit Aufmerksamkeit für den Film generiert werden kann. Du siehst also schon, dass das viele spannende Aufgaben mit sich bringt, die es grafisch zu lösen gilt. Wie ein gelungenes Filmplakat dann am Ende aussieht und warum das so ist, gucken wir uns jetzt anhand eines Beispiels genauer an.

The Hateful Eight – Teasing als Kunstform

Das Teaser-Plakat zu Quentin Tarantinos achtem Film erfüllt die oben aufgezählten Anforderungen auf ganz spezielle Weise und konzentriert sich dabei vor allem auf den vorletzten Punkt. Allein anhand des Plakats können wir alles über den Film erfahren, was wir wissen müssen, um zu entscheiden, ob wir ihn unbedingt sehen wollen. Genre, Handlung, Setting, Stimmung und mögliche Konflikte werden uns zugänglich gemacht und sind auch hier durch genau ein einziges Bild untrennbar mit The Hateful Eight verbunden.

Key Visual - The Hateful Eight Teaserposter

Key Visual: The Hateful Eight Teaserposter
© Universum Film

Das Poster ist im minimalistischen Vintage-Look gehalten und orientiert sich gestalterisch stark an Westernfilm-Plakaten aus den 60er Jahren. Auch dort waren die Filmposter überwiegend gemalt und hatten einen weißen Rand. Durch den Look bekommen wir einen Eindruck davon, welches Filmgenre uns hier erwartet. Unterstützt wird dieser Eindruck von den zu sehenden Silhouetten der mutmaßlichen Hateful Eight. Einige davon tragen Cowboyhüte, was uns abermals an das Westerngenre erinnert. Dadurch, dass die Charaktere als Silhouetten dargestellt sind, können wir keine Charakterzüge oder Motivationen ausmachen, was ebenfalls ein elementarer Bestandteil des Films ist, da es genau um die Frage geht, wer hier eigentlich die Wahrheit sagt und welche Ziele die einzelnen Figuren verfolgen. Die Hütte, die sich farblich deutlich vom Rest des Posters abhebt und die sich am Ende eines verschneiten Weges befindet, den zwei aneinandergekettete Figuren entlanggehen, verrät uns den hauptsächlichen Handlungsort und zusätzliche Storyelemente. Offensichtlich suchen die Charaktere hier Zuflucht vor der Kälte. Diese Kälte wird grafisch mit Blau- und Weißtönen herausgearbeitet. Farblich hervorstechende Blutspuren in einer weißen Schneelandschaft geben uns zusätzlich zur gestalterischen Entscheidung, die Charaktere als Silhouetten darzustellen, einen Eindruck von Bedrohlichkeit und Spannung, was für Quentin Tarantino selbst, wie er in einem von Christopher Nolan geführten Interview sagte, das wichtigste Element des gesamten Films ist. Wir können also anhand dieses einen Bildes all das hier über den Film erfahren, ohne auch nur einen Ausschnitt gesehen zu haben:

  • Der Film ist im Westerngenre angesiedelt (Vintage-Look des Artworks)
  • Die Handlung spielt überwiegend in einer Holzhütte (Farbliche Hervorhebung)
  • Es gibt acht relevante Charaktere, deren Motive undurchsichtig sind (Anzahl der Silhouetten + Titel des Films)
  • Eine spannende und bedrohliche Atmosphäre zieht sich durch den Film (Entscheidung die Charaktere als Silhouetten darzustellen + Blutspuren im Schnee)
  • Außerhalb der Hütte herrscht eisige Kälte (Farbliche Gestaltung)
  • Zwei aneinandergekettete Personen haben einen blutigen Weg hinter sich und eine ungewisse Zukunft in einer Holzhütte vor sich (Positionierung der Blutspuren und der zwei, sich auf dem Weg befindenden, Silhouetten)

All diese, dem Film innewohnenden Kernelemente, sind bereits im dazugehörigen Filmplakat verbaut, wodurch ein kreatives und erfolgreiches Key Visual geschaffen wird. Eben ganz nach der Devise „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“.

Wenn du an weiteren Beispielen interessiert bist, kannst du dir gerne hier einige Key Visual-Projekte ansehen, die wir selbst entwickelt haben.

Zusammenfassung und Fazit – Key Visual: Mehr als nur Filmmarketing, aber eben auch Filmmarketing

Wir haben nun anhand von Beispielen beobachten können, dass es sowohl innerhalb als auch außerhalb eines Films Bilder geben kann, die von uns explizit mit einem Film oder einem Franchise in Verbindung gebracht werden, weil sie uns in irgendeiner Form berühren, uns ansprechen, uns zugehörig machen. Und an dieser Stelle muss ich mein anfängliches Versprechen leider doch kurz brechen, denn all das ist natürlich auch direktes Filmmarketing und dient dem Markenaufbau. Filme und Franchises werden ja schließlich erst durch uns als Konsumenten zum Erfolg und dabei spielt es natürlich eine ganz wesentliche Rolle, dass wir uns angesprochen fühlen, dadurch überhaupt erst zu Konsumenten werden, Bilder mit Emotionen füllen, voller Begeisterung über das Gesehene reden und uns an bestimmte Dinge erinnern.

Wie und warum genau Filmplakate, einzelne Schlüsselbilder, oder ganze Filmreihen und Franchises dabei ineinandergreifen und funktionieren, stellen wir als Fans auf den ersten Blick meist gar nicht fest. Wir sehen nur, was uns anspricht und was nicht. Dabei kann uns ja auch eigentlich egal sein, warum uns etwas gefällt oder nicht gefällt. Aber irgendwie müssen wir ja auch schon auf einen Film aufmerksam werden, damit wir ihn uns überhaupt ansehen. In einer derart informationsreichen Welt, in der wir leben, ist Werbung und das Generieren von Aufmerksamkeit für einen Film und natürlich auch für jede andere Marke einer der wichtigsten Faktoren, die es zu berücksichtigen gilt. Aber Werbung muss eben passend, bestenfalls sogar ehrlich und zielgerichtet sein, um langfristig ansprechend und damit auch erinnerungswürdig zu sein. Wir kennen das ja alle: Trailer und Filmplakat versprechen etwas, das der Film dann am Ende nicht einhalten kann und wir gehen enttäuscht aus dem Kino. Andererseits haben wir manche Filme, die wir lieben würden, noch gar nicht gesehen, weil uns Plakat und/oder Trailer nicht angesprochen haben. In beiden Fällen scheint es nicht vollends gelungen zu sein die Marke des Films hundertprozentig korrekt zu kommunizieren.

Key Visuals sind also de facto Bilder, Symbole oder Sequenzen, die unterschwellig oder auch sehr offensichtlich werbende Wirkung auf uns ausüben, sofern uns diese Bilder denn ansprechen und wir sie dadurch, in Verbindung mit einer uns durch den Film erzählten Geschichte, mit Emotionen füllen. Das Ziel in der Entwicklung von solchen Schlüsselbildern ist daher immer die Kreation eines Designs, das den Film repräsentiert und dadurch die Zielgruppe anspricht, für die er gemacht ist.

Wenn du an weiteren informativen Artikeln und Beispielen rund um die Themen Grafikdesign und Filmmarketing interessiert bist, besuch doch einfach hier unser Wiki.